Wolfenbütteler Studien zur Aufklärung Herausgegeben von der ΓΤΪΤΪΙΪΤΪΤΙΙΙΠΐΙΪΙΓΙΪΤΪΤΪΙίΤΙ Lessing-Akademie Band 26 Alphabetisierung und Literalisierung in Deutschland in der Frühen Neuzeit Herausgegeben von Hans Erich Bödeker und Ernst Hinrichs unter Mitarbeit von Andrea Hofmeister, Reiner Praß, Jens Riederer und Norbert Winnige Max Niemeyer Verlag Tübingen 1999 Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Alphabetisierung und Literalisierunß in Deutschland in der frühen Neuzeit / hrsg. von Hans Erich Bödeker und Ernst Hinrichs. Unter Mitarb. von Andrea Hofmeister ... - Tübingen : Niemeyer, 1999 (Wolfenbiitteler Studien zur Aufklärung ; Bd. 26) ISBN 3-484-17526-5 ISSN 0342-5940 © Max Niemeyer Verlag GmbH, Tübingen 1999 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Satz mit LATEX: Birgitt Sippel, Göttingen Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten Einband: Buchbinderei Geiger, Ammerbuch Inhaltsverzeichnis ι HANS ERICH BÖDEKER, ERNST HINRICHS: Einleitung 3 II ANDREA HOFMEISTER: Ländliche Alphabetisierung in Südniedersachsen: »Großraum« Göttingen und nordwestliches Harzvorland 11 NORBERT WINNIGE: Alphabetisierung in Althessen. Zum Stand der Signierfähigkeit in Hessen-Kassel um 1800 33 REINER PRASS: Preußisch-gewerblicher Vorsprung und katholisch- ländliche Rückständigkeit? Zur Alphabetisierung in Minden- Ravensberg und Corvey-Paderborn 69 JENS RIEDERER: Prämie der Aufklärung. Zum Alphabetisierungs- vorsprung im Fürstentum Halberstadt gegenüber der Magdeburger Börde um 1800 95 III ROLAND OLTHOFF: Zum Stand der Signierfähigkeit in Helmstedt und Umgebung zu Beginn des 19. Jahrhunderts 121 SUSANNE KLEHN: Alphabetisierung in der Stadt Braunschweig um 1800: Die Magnigemeinde als Stichprobe 141 JÜRGEN SCHLUMBOHM: »zu schreiben und die ganze Beschaffenheit der Sache«: Signierfähigkeit und Schriftgebrauch bei Bauern und Heuerleuten des Kirchspiels Belm, ca. 1770-1840 163 VI BETTINA BUSCH-GEERTSEMA: »Elender als auf dem elendesten Dorfe«? Elementarbildung und Alphabetisierung in Bremen am Beginn des 19. Jahrhunderts 181 IV JEAN LUC LE CAM: Schulpflicht, Schulbesuch und Schulnetz im Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel im 17. Jahrhundert 203 ANNE-KRISTIN KUPKE: Elementarschulunterricht in Kursachsen um 1670 225 V GISELA TEISTLER: Fibeln als Dokumente für die Entwicklung der Alphabetisierung: ihre Entstehung und Verbreitung bis 1850 255 REINHART SIEGERT: Zur Alphabetisierung in den deutschen Regionen am Ende des 18. Jahrhunderts. Methodische Überlegungen und inhaltliche Bausteine aus Quellenmaterial der Volksaufklärung 283 ALFRED MESSERLI: Literale Normen und Alphabetisierung im 18. und 19. Jahrhundert in der Schweiz 309 KARL-HEINZ ZIESSOW: Von Gevatternbriefen, Krötenleber und Gestirnen. Kommunale und literarische Öffentlichkeit in der Biographie ländlicher Schreiber des 18. und 19. Jahrhunderts aus Nordwestdeutschland und Westfalen 327 VI WOLFGANG SCHMALE: Der Januskopf der Alphabetisierung: Kursachsen in der frühen Neuzeit 349 I Hans Erich Bödeker, Ernst Hinrichs Einleitung Mit diesem Band wird erstmals eine umfassende Aufsatzsammlung zum Stand der Alphabetisierung im frühneuzeitlichen Deutschland vorgelegt. Er geht zurück auf eine Tagung in den Räumen der Lessing-Akademie, Wolfenbüttel, im Jahre 1995. Dort wurden die Untersuchungsergebnisse einer in Braunschweig, Göttin- gen und Oldenburg beheimateten und von der Volkswagen-Stiftung finanzierten Forschungsgruppe »Alphabetisierung« vorgestellt und diskutiert, die in den Jah- ren 1993 bis 1997 ausgedehnte Studien zum Thema Alphabetisierung und Litera- lisierung im frühneuzeitlichen Deutschland unternahm. Wichtigstes Ziel dieser Forschungsgruppe war es, für einen Teil des Alten Reiches quantitative Ergebnisse zur Alphabetisierung zu erarbeiten, wie sie für Frankreich, die Niederlande und England seit langem vorliegen. Auf diese Wei- se sollten Äußerungen über den Stand der elementaren kulturellen Fähigkeiten im Reich, die sich bis heute im Bereich der spekulativen Vermutung bewegt ha- ben, endlich einmal den Charakter von empirisch begründeten und nachprüfba- ren Aussagen erhalten. Methodisch der vor allem in Frankreich zu großer Kunst entwickelten Auswertung von Unterschriften verpflichtet, nahmen die Bearbeiter jene deutschen Aktenbestände in den Blick, die als einzige massenweise Unter- schriften breiter Bevölkerungsschichten im frühneuzeitlichen Deutschland ent- halten: die Heiratsregister des französischen »etat civil«, die in den Jahren zwi- schen 1806 und 1815 in den von Napoleon annektierten, besetzten oder im Stil von Satellitenstaaten mit Frankreich verbundenen Reichsterritorien bzw. -Städten geführt wurden. Der staatliche »etat civil« ersetzte in diesen »französischen« Ter- ritorien die kirchlichen Heiratsregister und bescherte damit - zumeist nur für die »französische Zeit«, für manche linksrheinischen Gebiete freilich auf Dauer - der deutschen Staatenwelt, was Kirchenbücher nicht enthielten: die eigenhändigen Unterschriften der Brautpaare und ihrer evtl. anwesenden Eltern - oder eben die als Ersatz für die Unterschrift gemalten Kreuze bzw. die Unfähigkeitsbescheini- gung des Zivilstandsbeamten für all jene Anwesenden, die nicht unterschreiben konnten und auch nicht zur Zeichnung eines Kreuzes zu bewegen waren. Über die Problematik der Auswertung von Unterschriftenlisten für die Alpha- betisierungsforschung ist in den letzten Jahren intensiv diskutiert worden. Die einzelnen Beiträge dieses Bandes gehen darauf immer wieder ein, so daß sie hier nicht ausdrücklich thematisiert werden muß. Soviel gleichwohl vorweg: Eine seriöse Alphabetisierungsforschung für das vorstatistische Zeitalter ist ohne die