Olanzapin: kardiales Sicherheitsprofil anhand präklinischer und klinischer EKG-Daten )örg Czekalla', Chor/es Beasley2, Paul Berg2, Mary Ann Dellva2, Starr Grundy2 'Bad Homburg, 21ndianapolisjUSA Für Neuroleptika konnten Unterschiede bei kardiovaskulären Nebenwirkungen nachge wiesen werden [1]. Wie die vorliegende EKG-Analyse zeigt, ist das atypische Neurolep tikum Olanzapin im Hinblick auf Olc-Effekte mit am verträglichsten [2]. Ausgewertet wurden bei dieser Studie Parameter der kardialen Reizleitung anhand präklinisch und klinisch gewonnener EKG-Daten. Diese entstammen mehreren großen klinischen Studien zur anti psychotischen Wirksamkeit von Olanzapin. Das mc-Intervall - korrigiert anhand der Bazettschen Formel - wurde bei akut psychotischen Patienten, die an verschiedenen doppelblind randomisierten und Plazebo-kontrollierten Studien zu Olanzapin teilnahmen, jeweils zu Studienbeginn (Baseline-EKG) sowie im Steady State unter The rapie bestimmt. Für jede Studie wurde die mittlere Änderung des mc-Intervalls innerhalb ver- schiedener Olanzapin-Dosisgruppen auf Signifi kanz getestet ( Abbildu ng 1). Kein klinisch signifikanter Effekt auf EKG Parameter Die Verteilung der Baseline mc-Werte und deren Veränderungen unter der Therapie mit Olanzapin deuten eher auf eine normale Variabilität als auf einen Olanzapin Effekt hin. Die Veränderungen der mc-Werte in der größten Zulassungsstudie, in welcher Olan zapin mit Haloperidol verglichen wurde, waren Abbildung 1: Mittlere Änderung des QTc Intervalls im Vergleich zu Studienbeginn bei innerhalb der Olanzapin-Dosisgruppen nicht akut psychotischen Patienten (modifiziert signifikant (p < 0,136-0,338). Fasst man die nach (1)) Ergebnisse der berücksichtigten klinischen Stu- dien zusammen, so ergab sich unter Olanzapin eine leichte Steigerung der Herzfrequenz, eine Abnahme der absoluten m-Dauer sowie eine minimale Zunahme des korrigierten QTc-lntervalls im Mittel um 2,86 Millisekunden. Wie prä klinische in vitro Daten sowie die vorgestellten Ergebnisse klinischer EKG-Untersuchungen zeigen, führt Olanzapin im therapeutischen Dosisbereich nicht zu klinisch bedeutsamen mc-Ver längerungen und deren möglichen kardialen elektrophysiologischen Folgen. 1 Czekalla J et al. (2001) Cardiac Safety Parameters of Olanzapine: Comparison to Other Atypical and Typical Antipsychotics. J Clin Psychiatry 62 (Suppl 2): 35-40 2 Czekalla J et al. (2000) Cardiac safety profile of Olanzapin based on preclinical and clinical ECG Data. Schizophrenia Research 41(1): 195 4. Bad Homburger ZNS-Gespräche Fortschritte in der Diagnose und Behandlung psychiatrischer und neurologischer Erkrankungen Herausgeber: Hanns Hippius, München Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH Springer Herausgeber: Professor Dr. med. Hanns Hippius Psychiatrische Klinik und Poliklinik der Ludwig-Maximilians-Universität Nußbaumstraße 7 80336 München Springer-Verlag GmbH & Co. KG Fachredaktion Wissenschaftliche Kommunikation PD Dr. ßeate Fruhstorfer, Ulrike Hafner, Silvia Hasse, Ursula Hilpert, Dr. Friederike Holthausen, Sabine Jost, Dr.lngeborg König, Dr. Christine Leist, Dr. Pet ra Stawinski, Sandra Thake Tiergartenstraße 17 69121 Heidel berg Redaktionelle Mitarbeit: Martha Földi, Heidelberg ISBN 978-3-540-41752-1 ISBN 978-3-662-05552-6 (eBook) DOI 10.1007/978-3-662-05552-6 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiserVerwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werks oder von Teilen die ses Werks ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der ßundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich gebührenpflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2001 Ursprünglich erschienen bei Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 2001 Mit freundlicher Unterstützung der Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in dieser Broschüre berechtigt auch ohne besondere Kenn zeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen-und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall an hand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Titelgestaltung, Layout und Satz: grafische gestaltung buske, Heidelberg Portraitfoto: Dagmar Jäger-ßecker, Rodgau Inhaltsverzeichnis ~ VORWORT IV ~ VORTRÄGE Frühintervention in der Schizophreniebehandlung - ein Schritt in Richtung Primärprävention 1 Joachim Klosterkötter, Köln Orale und intramuskulär applizierbare Neuroleptika bei akuten schizophrenen Psychosen 3 Padraig Wright, Windlesham/Großbritannien Qualitätssicherung: ein Beitrag zur Optimierung der Schizophreniebehandlung 5 C/emens Cording, Regensburg Schizophrene Patienten - stigmatisiert und ausgegrenzt? 7 Matthias C. Angermeyer, Leipzig Ambulante Therapie mit Antidepressiva - Möglichkeiten und Grenzen 9 Michael Struck, Basel Parkinson-Syndrome in der Psychiatrie - Neurobiologie, Therapie und Prophylaxe 11 Johannes Kornhuber, Erlangen Monotherapie der Parkinson-Erkrankung - Wirksamkeit von Pergolid versus Levodopa 13 Wolfg ang H. Oertel, Marburg ~ POSTERBEITRÄGE Intramuskuläres Olanzapin - Dose-Response-Studie bei agitierten Schizophreniepatienten 17 Padraig Wright et al., Windlesham/Großbritannien Intramuskulär applizierbares Olanzapin - Vorteile bei akuter Agitation 18 Karena Meehan et al., Windlesham/Großbritannien Olanzapin im Praxisalltag : Ergebnisse einer natu ralistischen Beobachtungsstudie 19 Jörg Czekalla et al., Bad Homburg Olanzapin: kardiales Sicherheitsprofil an hand präklinischer und klinischer EKG-Daten 20 Jörg Czekalla et al., Bad Homburg Langzeitwirksamkeit einer Monotherapie von Parkinson-Frühstadien mit Pergolid 21 Alberto Lled6 et al., Erl Wood/Großbritannien PELMOPET: Sicherheit einer Monotherapie von Parkinson-Frühstadien mit Pergolid 22 Hans Peter Hundemer et al., Bad Homburg 111 Bad Hamburger ZNS-Gespräche Vorwort Seit 1997 finden in Bad Homburgjährlich die Bad Hamburger ZNS-Gespräche statt. Diese haben sich zu einem wichtigen Forum für Vertreter der Neurologie und Psychiatrie entwickelt. Kompe tente Vertreter beider Fächer berichten über ,.Fortschritte in der Diagnostik und Therapie neuro logischer und psychiatrischer Erkrankungen" und diskutieren diese Themen gemeinsam mit praktisch tätigen Psychiatern und Neurologen. Prof. Dr. Hanns Hippius. Ein wissenschaftlicher und klinischer Austausch zwischen den beiden Schwesterdisziplinen München Neurologie und Psychiatrie ist zukunftsweisend. Dies gilt sowohl für die Patientenversorgung im Rahmen der täglichen Praxis als auch hinsichtlich der hochspezialisierten Forschung in bei den Fachgebieten. Wie eng beide Fächer miteinander verwoben sind, zeigt unter anderem die jüngste Entwicklung der Forschung in den Bereichen der Demenz und der Neuropsychologie. Auch die lange und wechselvolle Geschichte beider Disziplinen belegt die enge Verwandt schaft von Neurologie und Psychiatrie. Die Psychiatrie entwickelte sich - von Frankreich ausge hend - bereits gegen Ende des 78. Jahrhunderts zu einem selbstständigen Fach in der Medizin. Daraufhin entstanden in Deutschland im 19. Jahrhundert große Krankenhäuser für die Versor gung psychisch Kranker. An allen medizinischen Fakultäten wurden Lehrstühle für Psychiatrie errichtet, die von den großen psychiatrischen Versorgungskrankenhäusern unabhängig waren. Die Neurologie hingegen, die ihre Wurzeln in der Inneren Medizin hat, gelangte erst spät zur Selbstständigkeit. So gab es am Ende des Zweiten Weltkriegs an den Universitäten in Deutsch land fast ausschließlich Kliniken und Lehrstühle, an denen Neurologie und Psychiatrie im Rah men der Nervenheilkunde als gemeinsames Fach vertreten waren. Wurde noch in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts mancherorts die "unauflösliche Zusammengehörigkeit von Neurologie und Psychiatrie im Rahmen der Nervenheilkunde" ver fochten, so ist heute in Deutschland an allen medizinischen Fakultäten die Aufgliederung der Nervenheilkunde in die klinischen Disziplinen Neurologie und Psychiatrie vollzogen und abge schlossen worden. Diese Auft eilung war aus verschiedenen Gründen notwendig und richtig. Allerdings haben sich beide Fächer inzwischen in mancher Hinsicht zu weit voneinander ent fernt. Es wäre bedauerlich. wenn Neurologie und Psychiatrie bei künftigen Entwicklungen nur noch getrennte Wege gingen - wertvolle Chancen für Praxis und Forschung blieben ungenutzt. Gemeinsame Veranstaltungen beider Fachrichtungen, wie die Bad Homburger ZNS-Gespräche, haben daher eine besondere Bedeutung, da sie die Kommunikation zwischen beiden Disziplinen wiederbeleben, aufrecht erhalten und fördern können. Seit 7997 haben zahlreiche Teilnehmer der Bad Homburger ZNS-Gespräche den Wunsch geäußert. die Redebeiträge sollten jeweils als eine die Veranstaltung begleitende Broschüre ver öffentlicht werden. Dieser Wunsch soll nun - beginnend mit den Referaten der A. Bad Hambur ger ZNS-Gespräche" im November 2000 - erfüllt werden; die Vorträge sind in der vorliegenden Broschüre in Kurzform zusammengefasst worden. Bad Hamburger IV lNS-Gespräche Außerdem wird ein Überblick über die "Bad Homburger ZNS-Gespräche" 1997 bis 1999 gegeben. >- Im Rahmen der" 1. Bad Homburger ZNS-Gespräche" (7997) standen psychiatrische The men im Mittelpunkt: Fritz Henn (Mann heim) berichtete über neue Ergebnisse der Schizophrenieforschung und deren Einfluss auf die Entwicklung der Psychopharmakologie. Dieses Thema griff Alberto Lled6 vom Lilly-Forschungszentrum (Erl Wood, Surrey/Großbritannien) auf und schilderte Zukunftsperspektiven der Entdeckungsmöglichkeiten neuer Psychopharmaka im 21. Jahr hundert. Für Psychiater und Neurologen gleichermaßen fesselnd war die Antwort von Manfred Spitzer (Ulm) auf die Frage" Was gibt es neues auf dem Gebiet der kognitiven Neurowissen schaften 1': Gtto Benkert (Mainz) ging der Frage nach, was die Gründe dafür sind, dass der unbe streitbare Fortschritt der psychiatrischen Therapie durch die Einführung der Psychopharma ka in der breiten Öffentlichkeit oft noch überschießend kritisch beurteilt wird. Man kann allerdings erwarten, dass die Entwicklung und Einführung neuer antipsychotisch wirkender, weitgehend nebenwirkungsfreier Medikamente (Walter E. Müller, Frankfurt/Main; Franz Müller-Spahn, Basel) dazu beiträgt, die Vorbehalte gegenüber der medikamentösen Schi zophreniebehandlung in der Bevölkerung - und vor allem auch bei den Kranken selbst - abzubauen. Dieter Naber (Hamburg) erläuterte, dass die Akzeptanz der Behandlung durch die Patien ten und deren Angehörige - und im Zusammenhang damit die Compliance - durch moderne, nebenwirkungsarme und subjektiv gut verträgliche Antipsychotika wie Glanzapin erheblich verbessert werden kann. Hans-Jürgen Möller (München) erörterte am Beispiel 1O-jähriger Erfahrung mit Fluoxe tin das Thema" Weiterentwicklung der Therapie von Depressionen und Angstsyndromen ': >- Anlässlich der ,,2. Bad Homburger ZNS-Gespräche" (7998) griff Stuart Montgomery (London) diese Thematik erneut auf. Ausgehend von der historisch bemerkenswerten Entwicklung des Konzepts der bipolaren Erkrankung und der Wiederbelebung des Konzepts der schizoaffektiven Psychosen zeigte Andreas Marneros (Halle), welche Konsequenzen die bislang zu sehr vernachlässigten Diffe renzierungen für die Praxis der Pharmakotherapie haben. Der Schwerpunkt der ,,2. Bad Homburger ZNS-Gespräche" lag bei den Fortschritten in der Diagnostik und Therapie neurologischer Krankheiten. Hans-Christoph Diener (Essen) infor mierte über aktuelle Fortschritte bei der Behandlung von Kopfschmerzen. Über die seit der Entdeckung der Funktion des Dopamins als Neurotransmitter im extrapyramidalmotorischen System immer wieder verbesserten Behandlungsmöglichkeiten des Morbus Parkinson mit L-Dopa gab Wolfgang Gertel (Marburg) einen umfassenden Überblick. Seinen Vortrag ergänzte Gertel mit einem Bericht über die Ergebnisse ermutigender Therapiestudien mit Dopaminagonisten. Dass es auch bei dem bisher nur mit therapeutischem Nihilismus betrachteten Krankheitsbild der myatrophischen Lateralsklerose (ALS) vielleicht doch - aus- V Bad Hamburger INS-Gespräche gehend von Experimenten mit einem transgenen Tiermodell- erste Ansätze zur Weiter entwicklung therapeutischen Denkens, vielleicht sogar Therapieerfolge gibt, wurde von Albert C. Ludolph (Ulm) dargestellt. Thomas Gasser (München) informierte darüber, wie die Fortschritte in der Entwicklung molekulargenetischer Techniken in den letzten Jahren zu einem explosionsartigen Wissens zuwachs über die Grundlagen vieler erblicher neurologischer Krankheiten geführt haben. Über die Vielfalt der heute für die Neurologie und die Psychiatrie zur Verfügung stehen den modernen bildgebenden Verfahren berichtete Klaus Herholz (Köln). In der praktischen Diagnostik haben sich die für die Erfassung struktureller Veränderungen entwickelten Methoden des CT und des NMR weitestgehend durchgesetzt. Doch auch die funktionellen bildgebenden Verfahren (wie beispielsweise PET, SPECT, funktionelles NMR und Kernspin spektroskopie) gewinnen über ihren Einsatz in der Forschung hinaus zunehmende Bedeu tung. >- Die ,,3. Bad Homburger ZNS-Gespräche" (7999) wurden eingeleitet mit Vorträgen über aktuelle gesundheitspolitische Probleme. Der Jurist Raimund Wimmer (Bonn/Berlin) und der Psychiater Jürgen Fritze (Pulheim) befassten sich mit den Schwierigkeiten der sachgerechten und Patienten-bezogenen, Innovationen berücksichtigenden psychiatrischen Therapie unter dem "Budgetdruck". Damit zusammenhängende Fragen werden oft im Hinblick auf ver meintlich eingeschränkte Verschreibungsmöglichkeiten der modernen ("atypischen") Anti psychotika diskutiert. Der Vergleich dieser modernen Antipsychotika mit älteren Neurolepti ka hinsichtlich Wirksamkeit, Verträglichkeit und Einfluss auf die Lebensqualität der Patien ten fällt nach der Untersuchung von Dieter Naber (Hamburg) jedoch so überzeugend zuguns ten der modernen Antipsychotika aus, dass jegliche Verunsicherung wegen eines vermeint lichen juristischen und ethischen Dilemmas vermieden werden muss. Dabei können in Zukunft Therapieleitlinien für die Schizophrenie hilfreich sein, die jetzt bereits vorliegen und im Laufe der Zeit weiterentwickelt werden (Peter Falkai, Bonn). Über den Stand der Erforschung der Struktur, Dynamik und Gestaltbildung landkartenar tiger kortikaler Repräsentationen - die sogenannten "kortikalen Landkarten" - und deren Bedeutung für moderne Interpretationen psychologischer und psychopathologischer Phäno mene berichtete Manfred Spitzer (Ulm). Anke Rohde (Bann) informierte über das von Psychiatern, Internisten und Allgemeinärz ten oft in seiner Bedeutung immer noch unterschätzte und zu selten diagnostizierte Krank heitsbild des "prämenstruell-dysphorischen Syndroms': Bei der Behandlung dieser Patientin nen nimmt - neben oder in Verbindung mit anderen Therapieansätzen - die Behandlung mit Antidepressiva (Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern) in den letzten Jahren schon einen festen Platz ein. Als Thema aus der Neurologie wurde im Rahmen der ,,3. Bad Homburger ZNS-Gespräche" von Peter Jenner (London) das Problem der während der medikamentösen Behandlung von Parkinson-Patienten bestehenden Möglichkeit der Manifestation von Dyskinesien besprochen. . k~1IlA" L.. -r~ ~~ I Prof. Dr. Hanns Hippius, München Bad Hamburger VI ZNS-Gespräche Frühintervention in der Schizophreniebehandlung ein Schritt in Richtung Primärprävention Joachim Klosterkötter, Klinik für Psychiatrie der Universität Köln Konzentrationsstörungen, Depressivität, Ängstlichkeit - diese und weitere uncharakter istische Symptome gehen der Diagnose einer schizophrenen Psychose häufig um Jahre voraus. Eine frühe DiagnosesteIlung - und dadurch eine raschere therapeutische Inter vention - kann dazu beitragen, Krankheitsverläufe zu mildern und Erstmanifestationen einer schizophrenen Psychose zu verhindern. Werden Patienten bereits im ersten Jahr der Schizophrenie angemessen behandelt, treten defizitäre Spätsymptome deutlich seltener auf [1]. Ein verzögerter Behandlungsbeginn hinge gen korreliert mit einem schlechteren Verlauf. Dies zeigt sich beispielweise in • einer verzögerten und unvollständigen Remission der Symptomatik [2-5]. • längerer stationärer Behandlungsbedürftigkeit und einer höheren Rückfallrate [6], • einem erhöhten Depressions- und Suizid risiko [7] sowie • deutlich höheren Behandlungskosten [8]. Die internationale Frühinterventionsforschung verfolgt daher das Ziel, die Dauer der unbe handelten Schizophrenie zu verkürzen. Diagnostische Herausforderung: die präpsychotische Krankheitsphase ~ Die Entwick lung manifester psychotischer Symptome vollzieht sich in unterschiedlichen Phasen [9]. In der prämorbiden Phase können lediglich Risikofaktoren für den späteren Ausbruch einer schi zophrenen Psychose identifiziert werden. In der anschließenden präpsychotischen Phase werden Patienten erstmals mit Prodromal symptomen auffällig, die klinisch äußerst variabel sein können. Die Diagnose einer schizo phrenen Psychose wird meistens aber erst über sechs Jahre später gestellt, wenn die Erkran kung durch klassische psychotische Symptome manifest geworden ist [10]. Wichtige Zeit für eine frühe therapeutische Intervention geht somit verloren. Erschwert wird die Frühdiagnose derzeit vor allem dadurch, dass die initialen Prodromal symptome in einer Vielzahl unterschiedlicher Konzeptualisierungen eingefasst sind, deren jeweiliger Nutzen für die Früherkennung der Schizophrenie bisher aber nicht ausreichend durch prospektive Studiendaten belegt ist. Prospektive Studie: Ermittlung prädiktiver Einzelsymptome ~ Initiale Prodromal symptome mit hohen positiven prädiktiven Stärken ermöglichen eine zuverlässige Früherken nung der Schizophrenie - und auf dieser Basis eine frühe, Symptom-orientierte therapeuti sche Intervention. Zu diesem Ergebnis kommt die erste prospektive Langzeitstudie, in welcher der Vorhersagewert von initialen Prodromalsymptomen für die Entwicklung einer schizophre nen Psychose untersucht wurde [11]. Rekrutiert wurden bundesweit 385 Patienten mit ver- Bad Hamburger ZNS-Gespräche schiedenen initialen Krankheitsmerkmalen, wobei bei den eingeschlossenen Patienten • Angststörungen noch keinerlei Schizophrenie-typischen Dysthymie Symptome manifest geworden sein durften. Major Depression Personlichkei!sstörungen Eine Indexuntersuchung zu Studienbeginn • somatoforme Störungen erlaubte deshalb trotz großenteils gebotener Prodromalsymptome nur verschiedene an dere Diagnosen (-+Abbildung 1). -+ Abbildung 1: Diagnoseverteilu ng der rekrutierten Patienten bei der Nach einer durchschnittlichen Beobach Indexuntersuchung zu Studienbeginn tungszeit von 9,6 Jahren konnten 160 Patienten nach untersucht werden. Bei 79 Patienten war im Verlauf eine schizophrene Psychose manifest geworden - bei Frauen im Durchschnitt nach drei Jahren, bei Männern nach vier Jahren. Von diesen Patienten hatten 77 bei der Indexuntersuchung Prodromalsymptome gezeigt. Unter den 81 Patienten, die im Ver lauf keine Schizophrenie entwickelten, waren 48 Patienten, die zu Studienbeginn keine Pro dromalsymptome aufwiesen. Somit erlaubte die Erfassung initialer Krankheitssymptome eine korrekte Aussage über das spätere Auftreten einer Schizophrenie mit einer Sicherheit von über 78%. Aus der Itemanalyse der in der Indexuntersuchung festgestellten Prodromalsymptome lassen sich Aussagen über Einzelmerkmale mit guten Vorhersageleistungen ableiten. Positive prädiktive Stärken von> 700f0 hatten beispielsweise die Items Gedankeninterferenz, Dereali sation sowie optische und akustische Wahrnehmungsstörungen. Die Zusammenführung der Einzelmerkmale zu Subsyndromen ergab für das Syndrom "Informationsverarbeitungsstörun gen" den höchsten diagnostischen Effizienzindex (-+Tabelle 1). >- Kompetenznetz Schizophrenie Mit dem Ziel, die wissenschaftlichen Voraussetzungen der Früherkennung der Schizophrenie zu optimieren, haben sich bundesweit Kliniken, Praxen, Fachgesellschaften und forschende Pharmaunternehmen zu dem Projektverbund "Kompetenz netz Schizophrenie" zusammengeschlossen. Durch eine intensive Öffentlichkeitsarbeit sollen in Zukunft vermehrt Risikopersonen frühzeitig spezialisierten Zentren zugeführt werden. prodromale Subsyndrome Sensitivität Spezifität positive negative falsch falsch prädiktive prädiktive positive negative Stärke Stärke Vorhersage (%) Vorhersage (%) BIP Informationsverarbeitungs- 0,56 0,84 0,77 0,66 8,1 21,9 störungen (5 von 35) BC Coenästhesien (2 von 13) 0,47 0,52 0,49 0,50 24,4 26,3 BV Vulnerabilität (1 von 5) 0,63 0,35 0,49 0,49 33,1 18,1 BA Adynamie (1 von 7) 0,92 0,16 0,52 0,68 42,5 3,8 BII interpersonelle Verunsicherung 0,68 0,46 0,55 0,60 27,5 15,6 (1 von 6) -+ Tabelle 1: Diagnostische Effizienzindices der im Rahmen der Studie gebildeten Subsyndrome (modifiziert nach [11]) Bad Hamburger 2 ZNS-Gespräche 1 Huber G, Grass G, Schüttler R (1979) Schizophrenie. Verlaufs- und sozialpsychiatrische Langzeituntersuchun gen an den 1945-1959 in Bonn hospitalisierten schizophrenen Kranken. Springer, Berlin Heidelberg New York 2 Johnstone EC, Crow TJ, Johnson AL, McMillan JF (1986) The Northwick Park study of first episodes of schizophrenia: I. Presentation of the illness and problems relating to admission. Br J Psychiatry 148: 115-120 3 Birchwood M, McMilian JF (1993) Early intervention in schizophrenia. Aust N Z J Psychiatry 27: 374-378 4 McGorry p, Edwards J, Mihalopoulos SM (1996) EPPIC: An evolving system of early detection and optimal management. Schizophr Bull 22: 305-326 5 Loebel AD, Lieberman JA, Alvir JM, Mayerhoff DJ, Geisler SH, Szymanski SR (1996) Duration of psychosis and outcome in first-episode schizophrenia. Am J Psychiatry 149: 1183-1188 6 Helgason L (1990) Twenty years' follow up of first psychiatric presentation for schizophrenia: What could have been prevented? Acta Psychiatr Scand 81: 231-235 7 Stirling J, Tondam D, Thomas p, Newby D, Montague L, Ring N, Rowe S (1991) Expressed emotion and early onset schizophrenia: a one-year-follow-up. Psychol Med 21: 675-685 8 McGorry p, Edwards J (1997) Early psychosis training pack. Gardiner-Caldwell, Victoria Mill, Australia 9 McGlashan TH, Johannessen JO (1996) Early detection and intervention with schizophrenia: rationale. Schizophr Bull 22(2): 201-222 10 Häfner H, Maurer K, Löffler W, Riecher-Rössler A (1993) The influence of age and sex on the onset and early course of schizophrenia. Br J Psychiatry 162: 80-86 11 Klosterkötter J, Hellmich M, Steinmeyer EM, Schultze-Lutter F (2001) Diagnosing schizophrenia in the initial prodromal phase. Arch Gen Psychiatry 58: 158-164 Orale und intramuskulär applizierbare Neuroleptika bei akuten schizophrenen Psychosen Padraig Wright, European Clinical Neurosciences, Eli Lilly, WindleshamjGroßbritannien Die Wirksamkeit der traditionell verwendeten, typischen Neuroleptika muss häufig mit schweren Nebenwirkungen erkauft werden. Neuere Präparate, die sogenannten atypi schen Neuroleptika, sind nebenwirkungsarm und sicher in der Anwendung - und außer dem ebenso stark antipsychotisch wirksam. Therapeutische Hoffnung ruht vor allem auf dem derzeit noch unter Studienbedingungen eingesetzten, intramuskulär applizierbaren Olanzapin. Neue, atypische Neuroleptika sind bei akuten Schizophrenien ebenso zuverlässig wirksam wie ältere Präparate, beispielsweise Haloperidol. Dies belegen Daten aus mehreren doppelblinden randomisierten Studien, in denen akut agitierte Schizophreniepatienten mit dem atypischen Neu roleptikum Olanzapin behandelt wurden. Olanzapin (oral 15 ± 2,5 mg!Tag) reduziert bereits nach drei Tagen Positivsymptome wie innere Spannung, mangelnde Impulskontrolle sowie feindseliges Verhalten ebenso effektiv wie Haloperidol (oral 15 ± 5 mg!Tag). Bei Negativsymptomatik: atypische Neuroleptika überlegen Auch bei akut psychotischen Patienten, die vorwiegend Negativsymptome bieten, sind atypische Neuroleptika wirksam. Olan- 3 Bad Hamburger ZNS-Gespräche