Aus dem Institut für Physik der Universität zu Lübeck Direktor: Prof. Dr. Christian G. Hübner 3D Orientierung und Multi-Parameter-Analyse einzelner Moleküle mithilfe der konfokalen Fluoreszenzmikroskopie Inauguraldissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Universität zu Lübeck Aus der Sektion Naturwissenschaften vorgelegt von Dipl.-Physiker (med.) Richard Börner aus Marienberg, geboren am 10. Mai 1983 Lübeck, 15. Oktober 2012 1. Berichterstatter: Professor Dr. Christian G. Hübner 2. Berichterstatter: Professor Dr. Thomas Gutsmann Tag der mündlichen Prüfung: Zum Druck genehmigt. Lübeck, den Inhaltsverzeichnis Symbol- und Abkürzungsverzeichnis v 1 Einleitung 1 2 Grundlagen 3 2.1 Das fluoreszente Molekül . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2.1.1 Die Absorption elektromagnetischer Strahlung im visuellen Bereich . 3 2.1.2 Die Emission elektromagnetischer Strahlung . . . . . . . . . . . . . . 6 2.1.3 Die Lebensdauer fluoreszenter Zustände in isotropen Medien . . . . . 8 2.1.4 Modulation der Lebensdauer nahe einer Grenzfläche . . . . . . . . . 9 2.1.5 Absorptions- vs. Emissionsspektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 2.2 Orientierung eines Dipols im Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.2.1 Fluoreszenz-Anisotropie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.2.2 3D Orientierung fluoreszenter Moleküle in der konfokalen Mikroskopie 17 2.3 Konfokale Fluoreszenzmikroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2.3.1 Fluoreszenz-Korrelations-Spektroskopie. . . . . . . . . . . . . . . . . 28 3 Grundlagen der 3D Orientierung fluoreszenter Moleküle 33 3.1 Der Einfluss einer dielektrischen Grenzfläche auf die Abstrahlcharakteristik eines Dipols . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 3.1.1 Erlaubte und verbotene Bereiche bei der Ausbreitung von Licht . . . 35 3.1.2 Zur theoretischen Modellbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 3.1.3 Die Bestimmung der 3D Orientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 3.1.4 Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 3.2 DerEinflussderAnregungswahrscheinlichkeitaufdieBestimmungder3DOri- entierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 3.2.1 Zur theoretischen Modellbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 3.2.2 Simulation der 3D Orientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 3.2.3 Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 3.3 Experimtelle Realisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 4 Multi-Parameter-Messungen einzelner Moleküle an einer Grenzfläche 73 4.1 Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 4.1.1 Parallele Datenaufnahme verschiedener Parameter des Fluoreszenz- signals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 4.1.2 Bestimmung der 3D Orientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 4.1.3 Spektrale Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 i ii Inhaltsverzeichnis 4.1.4 Bestimmung der Lebensdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 4.1.5 Probenpräparation von PP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 4.1.6 Simulation orientierungsabhängiger Zeitspuren . . . . . . . . . . . . 78 4.1.7 Korrelationsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 4.2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 4.2.1 Aufnahme orientierungsaufgelöster Bilder einzelner PP- Moleküle . . 78 4.2.2 Aufnahme von Multi-Parameter-Zeitspuren einzelner PP- Moleküle . 82 4.2.3 Simulationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 4.2.4 Modellabhängigkeit der Orientierungsauswertung . . . . . . . . . . . 91 4.2.5 Korrelationsanalyse als Werkzeug für die Beschreibung der Orientie- rungsdynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 4.3 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 4.4 Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 5 GUV als Modellsystem für die Bestimmung der 3D Orientierung fluoreszent markierter Strukturen 101 5.1 Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 5.1.1 Lipide und Lipidfarbstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 5.1.2 Probenpräparation der GUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 5.1.3 Aufnahme orientierungsaufgelöster Vesikelscans . . . . . . . . . . . . 108 5.1.4 Simulationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 5.2 Ergebnisse und Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 5.2.1 Simulation fluoreszent markierter GUV . . . . . . . . . . . . . . . . 110 5.2.2 3D Orientierung hochgradig fluoreszent markierter GUV . . . . . . . 114 5.2.3 3D Orientierung gering fluoreszent markierter GUV . . . . . . . . . . 116 5.2.4 Korrelationsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 5.3 Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 6 Zusammenfassung 123 A Anhang I A.1 Nachtrag: Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I A.1.1 Zur Lebensdauer fluoreszenter Zustände nahe einer Grenzfläche . . . I A.1.2 Zur dynamischen Anisotropie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II A.1.3 Zur Korrelationanalyse des Fluoreszenzsignals . . . . . . . . . . . . . IV A.1.4 Makroskopische Maxwell Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII A.2 Analysemethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX A.2.1 Kalibrierung des konfokalen Mikroskops . . . . . . . . . . . . . . . . IX A.2.2 Kalibrierung des Spektrometers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X A.2.3 Spektrenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X A.2.4 Kalibrierung der Lebensdauerhistogramme . . . . . . . . . . . . . . . XI A.2.5 Lebensdaueranalyse für ein 2-Niveau System . . . . . . . . . . . . . XII A.3 Nachtrag: Simulationen der 3D Orientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIV A.3.1 Simulation des Photonenrauschens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIV A.3.2 Simulation der 3D Orientierung von Molekülen . . . . . . . . . . . . XVI Inhaltsverzeichnis iii A.3.3 Simulation der 3D Orientierung von farbstoffmarkierten Latexbeads XVII A.3.4 Simulation der 3D Orientierung von Lipidvesikeln . . . . . . . . . . . XVIII Literaturverzeichnis i Symbol- und Abkürzungsverzeichnis APD .................... avalanche photo diode TCSPC .................. time-correlated single photon counting CCD .................... charged coupled device cw ....................... continuous wave DC ...................... dichroic mirror FCS ..................... fluorescence correlation spectroscopy FWHM .................. full width at half maximum GUV .................... giant unilamellare vesicle HOMO .................. highest occupied molecular orbital IC ....................... internal conversion ISC ...................... intersystem crossing LSF ..................... least-square fit LUMO .................. lowest unoccupied molecular orbital MC ...................... Monte Carlo MLE .................... maximum likelihood estimation NA ...................... numerische Apertur nr ....................... non-radiative PDI ..................... Perylendiimid PMMA .................. Polymethylmethacrylat PMT .................... photomuliplier PP ...................... (Pyridyl) -funktionalisiertes Perylendiimid 1 r ......................... radiative v vi Inhaltsverzeichnis SCOM ................... scanning confocal optical microscopy SiO ..................... Siliziumdioxid 2 ST ....................... Strahlteiler TDV .................... Trennung der Variablen 1 Einleitung Die Entwicklung der Lichtmikroskopie im frühen 17. Jahrhundert stellt die Geburtsstunde dermodernenBiophysikdar.ÜberJahrhundertegabesinderLichtmikroskopienurwenige Weiterentwicklungen, während mit Elektronen-, Rasterkraft- und Rastertunnelmikrosko- pen die Auflösung immer weiter verbessert wurde, um schließlich Bilder von Molekülen und Atomen zu erhalten. Der Lichtmikroskopie blieb dieser Vorstoß in die Welt der Atome und Moleküle zunächst aufgrund des Abbe’schen Auflösungskriteriums verwehrt. Erst die ErfindungdesLasersunddeskonfokalenPrinzipsgabenderLichtmikroskopieneuenSchub und führten zur Entwicklung wegweisender Methoden (STED, STORM, PALM etc.), die das Auflösungskriterium so erweiterten, dass selbst die Abbildung von Strukturen deutlich kleiner als die Wellenlänge des sichtbaren Lichtes gelang [1]. Außerdem konnte durch die KombinationminimalerDetektionsvoluminainderkonfokalenFluoreszenzmikroskopiemit der Reduktion der Probenkonzentration in den subnanomolaren Bereich die beugungsbe- grenzteoptischeAbbildungeinzelnerMolekülegelingen[2].Heuteistdieintensitätsbasierte Abbildung einzelner Moleküle und fluoreszenzmarkierter Strukturen nur ein Teil der zu- gänglichen Parameter. Die Messung der Lebensdauer (FLIM), des Bewegungszustandes (FCS) und der 3D Orientierung des einzelnen Moleküls ermöglichen einen umfassenden Einblick in das dynamische Verhalten des Moleküls und seiner Umgebung. Die konfokale Mikroskopie wird heute durch die rasante Entwicklung der Elektronik zur Datenaufnahme und Datenverarbeitung getragen, durch die die gleichzeitige Erfassung ei- ner maximalen Anzahl von Fluoreszenzparametern möglich wird. Ein wichtiger Parameter ist dabei die Orientierung des einzelnen Moleküls. Zugänglich wird diese Größe durch die Anisotropie der Dipolemission. Dafür wurden in den vergangenen zwanzig Jahren zahlrei- che Methoden zur Abbildung der Orientierung des Dipolmomentes fluoreszenter Moleküle entwickelt. Einige dieser Methoden basieren auf der Einzelquanteninterferenz, einem quan- tenmechanischen Prozess, der zu charakteristischen Beugungsbildern führt, die von der Orientierung des Dipols abhängig sind [3]. Die in dieser Arbeit zur Anwendung kommende Methode basiert auf der Polarisation sowie der richtungsabhängigen Intensitätsverteilung der vom Dipol emittierten elektromagnetischen Strahlung [4]. Die theoretische Beschrei- bung dieser Methode lieferte Fourkas [5]. Er bediente sich eines Matrix-Algorithmus zur Beschreibung der Abbildung der Dipolemission in einem homogenen, isotropen Medium durch ein konfokales Mikroskop [6]. Da die 3D Orientierung einzelner Moleküle in aniso- tropen Umgebungen von besonderem Interesse ist, soll die Theorie in dieser Arbeit um den Einfluss einer Grenzfläche zwischen zwei Medien mit unterschiedlichen Brechungsindizes erweitert werden. Die dafür notwendige Herleitung basiert auf der Arbeit von Novotny [7] zur Dipolemission im Nahfeld, die hier auf das konfokale Mikroskop erweitert werden soll. 1 2 1 Einleitung Die Güte der intensitätsbasierten Methode zur Bestimmung der 3D Orientierung ist maß- geblich durch die Anzahl der detektierten Fluoreszenzphotonen des einzelnen Moleküls bestimmt [8]. Da es sich bei der Emission um einen Einzelquantenprozess handelt, wird die messbare Fluoreszenzintensität durch das Schrotrauschen beeinflusst. Je höher dabei die Intensität ist, umso geringer ist der Einfluss des Rauschens und damit die Unsicherheit der zu bestimmenden Orientierung. Die Anzahl an Photonen, die durch das Fluorophor in einer gewissen Zeit emittiert wird, hängt von der orientierungsabhängigen Anregungs- wahrscheinlichkeit des Moleküls ab. Die auf MC Simulationen basierende Untersuchung von Hohlbein u. Hübner zum Einfluss verschiedener Parameter auf die Bestimmung der 3D Orientierung soll daher um die Anregungswahrscheinlichkeit erweitert werden. Das fluoreszente Licht eines Fluorophors trägt zahlreiche Informationen, die Aufschluss über das Molekül selbst, seine Umgebung und die Interaktion zwischen beiden liefert. Es war,istundwirddeshalbstetsvongroßemInteressesein,einegrößtmöglicheAnzahldieser Parameter gleichzeitig und mit einer hohen Zeitauflösung zu erfassen, um molekulare und auf Bindungsebene sogar atomare Prozesse mithilfe der Fluoreszenzmikroskopie aufklären zu können. Das von Hohlbein u. Hübner entwickelte Detektionsschema soll dafür durch TCSPC-basierte Lebensdauermessungen und die Messung des Fluoreszenzspektrums zu einer Multi-Parameter-Methode erweitert werden. Die 3D Orientierung ist besonders in anisotropen Systeme von Interesse. Das einzelne Molekül auf einer Oberfläche stellt ein solches System dar. Dabei ist jeder Fluoreszenzpa- rameter in charakteristischer Art und Weise mit intrinsischen Änderungen des Moleküls und Änderungen der molekularen Umgebung verbunden. So beeinflusst z.B. die Änderung der Orientierung eines fluoreszenten Moleküls in unmittelbarer Nähe zu einer Grenzfläche sowohldessenLebensdaueralsauchseineFluoreszenzintensität.Gleichzeitigkannesdurch z.B. Konformationsänderungen des Fluorophors zur spektralen Diffusion oder Intensitäts- änderungenaufgrundeinesverändertenAbsorptionsquerschnittskommen.Untersuchungen an (Pyridyl) -funktionalisiertem Perylendiimid (PP) lassen beide Einflüsse auf die Fluo- 1 reszenzparameter vermuten [9]. Dieses Molekül soll in dieser Arbeit daher als Testsystem für das Multi-Parameter-Schema dienen. Durch die gleichzeitige Messung der Orientie- rung, des Spektrums, der Lebensdauer und der Intensität des Moleküls soll zwischen ori- entierungsbedingten und durch eine Konformationsänderung verursachte Änderungen der FluoreszenzintensitätvonPP-Molekülenunterschiedenwerdenkönnen.Außerdemsollan- hand der Orientierungsmessung die Vermutung bestätigt werden, dass PP- Moleküle eine bevorzugte Orientierung bei der Adsorption an Glasoberflächen zeigen. Die Bildung von abgeschlossenen Kompartimenten ist ein wesentliches Konzept der be- lebten Natur. Lipidvesikel stellen solche Kompartimente dar und bilden ein anisotropes System. Die Bestimmung der Orientierung einzelner Moleküle, sowohl des Fluorophors an sich als auch von fluoreszenzmarkierten Molekülen (Protein, Lipide etc.) in der Membran, ist für biologische Fragestellungen von großer Bedeutung. Die definierte Form des Vesikels ermöglicht die kontrollierte Messung der Orientierung von Fluorophoren, die als Marker in die Membran integriert sind. Es soll daher die Orientierung und deren Dynamik von DiO-Farbstoffen in der Lipidmembran von giant unilamellar vesicles untersucht werden.
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